Maxe Baumann wird Hoteldirektor - Euphrosine Theaterverlag Theatertexte Bücher

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Maxe Baumann wird Hoteldirektor - Theresa Scholze / Hannes Hahnemann

Der altehrwürdige Maxe sitzt zufrieden auf dem Altenteil. Er ist immer  noch ein rüstiger Rentner, doch kommt plötzlich arg in die Bredouille  als er erfährt, er hätte ein Hotel geerbt. Was er nicht weiß: Es handelt  sich hierbei um das ehemalige „Ferienheim Bergkristall“. Doch dieses  ist mehr als runtergekommen.

Die Belegschaft aus drei liebenswürdigen, aber nur bedingt fähigen,  Mitarbeitern übersteigt sogar die Anzahl der Gäste und zu allem  Überfluss hat der verstorbene Direktor Oberpichler noch vor seinem Tod  die 4-Sterne-Kategorie für das Haus beantragt. Diese soll nun mittels  eines Prüfers getestet werden, welcher kurz vor Silvester inkognito  anreisen will …

Nun ist guter Rat teuer. Maxe aber stürzt sich in die Aufgabe und  gemeinsam mit der Belegschaft und den zwei einzigen Gästen des Hauses  wird das „Bergkristall“ in kurzer Zeit zum 4-Sterne-Nobelhotel  umimprovisiert.

Uraufführung: 1. Dezember 2006 an der Komödie Dresden
 
Regie: Jürgen Mai
Bühne: Michael Dietze
Kostüme: Sybille Rauchfuß, Gerhard Kropp, Josephine Rathgeber
Musikalische Einrichtung / Komposition: Robert Jentzsch
Choreograpie: Mandy Partzsch
Regieassistenz: Frank Zeugfang
Souffleuse: Anne Bräuer
Technischer Direktor: Matthias Ziesch
Technischer Leiter Dresden: Michael Dietze
Ton / Inspizienz: Thorsten Müller / Stefan Böhm
Beleuchtung: Martin Rößling / Timo Fischer
Requisite: Lars Hauswald / Lars Joachim
Maske: Christine Palme
Schneiderei / Ankleiderei: Sybille Rauchfuß
 
Besetzung:
Maxe Baumann: Dietmar Burkhard
Dr. Bernhard Meyer: Beppo Küster/ Gottlieb Wendehals (alternierend)
Viktoria Wunschmeier: Heidi Weigelt
Moritz Adam: Christian Kühn
Paul Wittkugel: Philipp Richter
Olga Knopf: Beate Laaß
Paula Federau: Mandy Partzsch
Sieglinde Bauch: Angela Schlabinger / Ramona Kunze-Libnow (alternierend)
Muschiputz: Fips

Bühne: 1 Dekoration

Theaterschaffenden und Mitgliedern des Deutschen Bühnenvereins bieten wir eine kostenfreie Leseversion.
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Textbuch gebunden

1. Akt
Zu Beginn des Stückes steht ein Weihnachtsbaum im Bild und es ertönt eine
langsame Weihnachtsweise. Draußen Schnee am Fenster, fällt sanft und kuschelig.
Von oben kommt Moritz Adam mit Staubsauger, stellt andere Musik ein,
saugt und hottet dabei ab.
Er merkt nicht , dass durch die Eingangstür zwei Frauen in Trauerkleidung treten. Die
eine ist die Empfangsdame Victoria Wunschmeier und die andere das
Zimmermädchen Sieglinde Bauch. Sie schauen Moritz an bis er sie bemerkt... er
macht sofort die Musik aus, sowie den Saugapparat.
Moritz: Der letzte Gast vom Weihnachtsdurchgang ist gerade abgereist.
Victoria: Es war eine sehr schöne Beerdigung!
Sieglinde: Armer Oberpichler! Er ist viel zu früh verstorben.
Victoria: Stimmt! Er hatte noch Resturlaub.
Sieglinde: Wo ist eigentlich Herr Baumann, Moritz?
Moritz: Wer ist Herr Baumann?
Victoria: Herr Baumann ist ein guter Freund vom Verblichenen.
Moritz: Wie? Verblichenen?
Sieglinde: Von unserem Direktor Oberpichler! Moritz!!!
Victoria: Herr Baumann kam direkt vom Bahnhof zum Friedhof und wollte
eigentlich nach der Beisetzung sofort ins Hotel vorfahren.
Sieglinde: Jedenfalls war er beim Leichenschmaus nicht dabei.
Moritz: Vielleicht hat er sich verfahren?
Sieglinde: Mit ner Taxe. Moritz!!!
Moritz: Hier ist jedenfalls keiner angekommen.
Draußen bellt Bio der Wachhund. Maxe Baumann tritt auf in Trauerkleidung,
mit Kofferwagen (Hackenporsche) und einer Urne unter dem Arm.
Maxe: So, da sind wir beide!
Alle starren Maxe an, Moritz mit offenem Mund.
Maxe: Wat gibt’s denn da nischt zu sagen? Mein alter Freund
Oberpichler sein letzter Wunsch war in sein eigenen Garten zu
ruhen! Auf der Wiese, wenn er mal ins Gras beißt. Seine eigenen
Worte! Und den Gefallen wollt ick ihm schon erfüllen. Naja, Tach
erst mal! Wer ist’n der Breitmaulfrosch da? Max!
Moritz: Moritz!
Maxe: Och immer n Scherz uff der Unterlippe, wat? Und das da ist
Witwe Bolte?!
Victoria: Moritz ist unser Chefkoch!
Maxe: Und deshalb saugt er die Hotelhalle?
Victoria: Naja, in unserem Haus muss jeder alles machen, wenn er...
Sieglinde: Herr Baumann, Sie haben die leibliche Hülle mit der sterblichen
Urne geklaut, gestoh...??
Maxe: Ausgetauscht, liebes Frl. Bauch, nur ausgetauscht. Ich habe
doch einen befreundeten Sargunternehmer in der
Verwandtschaft. Theo Antea heißt der, und der hat mir
aufgeklärt, dass es im mittleren Preissegment nur zwei
brauchbare Urnen gibt. Das Modell „Phönix“ in aschgrau und das
Modell „Licht im Dunkel“ mit Batterie. Hatte ick beide im Gepäck.
Er stellt die Urne ab und zeigt die zweite aus der Tasche, die er meint.
Moritz: Aber die Würde....
Maxe: Ach so, Sie haben schon mal wat von Würde gehört, junger
Mann?
Moritz: Die ist unantastbar.
Maxe: Sag ick doch! Ich respektiere den letzten Wunsch des alten
Freundes nach Geborgenheit im eigenen Garten. Das ist
würdevoll, auch wenn ich dabei das geltende Gesetz ein wenig
umgehen würde. Und das tu ich jetzt!
Moritz: Aber der Boden ist 70 cm tief gefroren.
Maxe: Dann tun Sie det!
Moritz: Ich hole einen Eispickel.
Moritz ab.
Maxe: Nehmen Sie einen Fön mit!
So, und jetzt erlauben Sie, dass ich mir einen Glockenschlag
aufs Ohr haue, bissel an der Matratze schnuppern, und dann
geht’s via Heimat. Meine Möbel warten auf mir.
Victoria: Das geht nicht, Herr Baumann!
Maxe: Wieso, fährt die Reichsbahn nicht mehr, bei det laue
Schneetreiben?
Victoria: Unser Direktor hatte einen letzten Willen!
Maxe: Der hatte auch einen starken Willen. Fast stärker als der von
meine Hertha, Gott hab sie selig.
Victoria: Ein Vermächtnis sozusagen. Er hat... er hat...
Nun sagen Sie doch auch mal was, Sieglinde!
Sieglinde: Ich weiß doch nischt.
Victoria: Natürlich wissen Sie was... schließlich...
Sieglinde: Ach so, ja schließlich!
Maxe: Ist noch eener gestorben?
Sieglinde: Nein. Wir haben mit Direktor Oberpichler oft darüber gesprochen.
Victoria: Er mit uns.
Victoria holt aus einem Fach ein Schriftstück.
Maxe: Ihr macht det aber spannend. Dagegen ist ja Hitchcock ein
Amateur. Worüber gesprochen?
Victoria: Über das Memorandum.
Sie gibt es Maxe.
Maxe: Me-mo-ran-dum. Mein letzter Wille. Jetzt wird das aber komisch,
noch hier. Was is’n das? Hieroglyphen?
Victoria: Die Schrift von Herrn Oberpichler.
Maxe: Ach, du heiliger Strohsack, det kann ich nicht entziffern. Noch
dazu ohne Lauereisen.
Sieglinde: Ohne was?
Maxe: Ohne Lauereisen!
Victoria: Ohne Brille, meint er. Geben Sie es mir. Ich kenne seine Schrift
seit Jahren. Mein letzter Wille – Neues Testament.
Maxe: Ach, das Neue Testament ist von Oberpichler?
Victoria: Neues Testament vom 6. Januar 2006. Er hatte vorher ein altes.
Hiermit verfüge ich, dass in Ermangelung naher und entfernter
Verwandtschaft nach meinem Tode, das von mir 1991 von der
Treuhand erworbene Hotel „Bergkristall“ in den Besitz von Maxe
Baumann übergeht.
Lange Pause.
Maxe: Na wat, wie komm ich denn dazu? Ich dachte immer Oberpichler
wäre mein Freund!
Victoria: Er will aber, das dass Hotel in gute Hände kommt.
Maxe: Na, dann soll er es doch ihnen vererben.
Victoria: Das wollte er ja, aber ich bin doch keine Direktorin.
Sieglinde: Nein!
Victoria: Tja und jetzt steht hier schwarz auf weiß: „…Besitz von Maxe
Baumann übergeht“. Und Sie sind Maxe Baumann.
Maxe: Wirklich? Ich dachte ich wäre meine Mutter.
.
Victoria: Herr Baumann bitte, ich kann doch so was nicht, Direktorin sein
und so…
Maxe: Na was, und nun soll olle Maxe das können: Direktorin sein und
so….?
Victoria/Sieglinde: Hm, hm.
Maxe: Sie sind mir vielleicht ne Ulknudel.
Victoria/Sieglinde: Hm, hm.
Victoria: Ja, der Herr Oberpichler hat gesagt, Sie hätten ihn mal als
Heimleiter vertreten als es noch ein Ferienheim und er so krank
war im Sommer 1978.
Maxe: Das war im vorigen Jahrhundert. 78! Da ist der Krenz noch im
FDJ-Hemd rumgelaufen.
Victoria: Naja, da Sie sich die letzten Jahre aus den Augen verloren
haben...
Sieglinde: ...und er sich auch nie so richtig bei Ihnen bedankt hat,
Victoria: ...obwohl alles so wunderbar funktioniert hat,
Sieglinde: ...will er sich jetzt mit dem Erbe bei ihnen bedanken.
Maxe: Nu reden Sie mal nicht so schnell, ick hör nämlich nur noch ganz
langsam. Moment. Muss mich erst mal setzen. Also, da hilft man
kurz nach die Weltfestspiele dem FDGB mal zwei Monate im
Interesse der sozialistischen Nachbarschaftshilfe als Heimleiter
und als Dankeschön bekommt man ein Hotel geschenkt?
Victoria: Naja, der Herr Oberpichler sagte, da muss ein ganzer Kerl ran
und das sind Sie für ihn, es ist sein letzter Wille.
Maxe: Hat er ganzer Kerl gesagt?
Victoria/Sieglinde: Hat er! Hat er!
Maxe: Der kennt mich noch aus Zeiten wo ich ohne Granufink durchs
Leben gewandelt bin.
Sieglinde: Bitte Herr Baumann kommen Sie zu uns.
Maxe: Na, wie stellen Sie sich das vor, ich habe doch Verpflichtungen!
Sieglinde: Ach so? Was machen Sie denn?
Maxe: Na ich bin…Ähm, ich mache ne Menge von dem, wo andere
denken sie machen’s, aber keener macht's weil se denken es
machen andere. Na und es muss ja auch gemacht werden und
da mach ich es dann!
Sieglinde: Ach?! Ein Macher!
Maxe: Nee, ein Rentner, und die haben bekanntermaßen niemals Zeit.
Ein junger Mann, namens Paul Wittkugel, betritt durch den Hoteleingang die Szene
und geht auf die Rezeption zu.
Paul: Schönen Guten Tag, Wittkugel mein Name…
Victoria: Oh, endlich neues Personal.
Paul: …ich möchte den Direktor sprechen.
Maxe: Der ist tot.
Sieglinde/Victoria: Da sitzt er!
Paul irritiert.
Paul: Fürn toten Direktor noch ganz schön lebendig.
Maxe: Jetzt hör mal zu Männekin: ein Direktor ist eine Respektsperson,
da macht man keine dumme Bemerkung. Entweder man
schweigt wie ein Iltis oder lacht dienstbeflissen über einen Witz.
Paul: Hahahaha!
Maxe: Das war keiner! Durchgefallen.
Auftritt Moritz mit Hacke, Fön und Urne.
Moritz: Also manche Dinge können ja nicht hart genug sein, aber diese
Eispest da durchzusäbeln geht über meine Kräfte.
Paul: Sucht er Ötzi?
Maxe: Nee, der will die russische Erdgaspipeline anzapfen, damit wir
am Gaspreis sparen..
Paul: Hahahaha!
Maxe: Es gibt Leute die machen grundsätzlich erst mal alles falsch.
Sieglinde: Wie heißen Sie bitte noch mal gleich?
Paul: Wittkugel. Paul Wittkugel.
Maxe: Wunderbar! Da können Sie sich gleich mal mit rauskugeln und
dem Moritz hier bei der Urnenbeisetzung behilflich sein. Er hat ja
schon angefangen.
Paul: Bei bitte was?
Moritz: Genau, am Kräuterbeet.
Paul: Hä?
Maxe: Kräuterbeet? Was issn wenn der Schnee taut, du Experte? Da
wächst beim Oberpichler der Liebstöckel raus. Du und Würde!
Der muss doch viel weiter hinten auf der Wiese.... Ich komme
jetzt mal mit. Die Damen entschuldigen mich bitte!
Max, Moritz, Paul mit Urne und Werkzeug ab.
Victoria: Ich hab's geahnt.
Sieglinde: Ich dachte, er freut sich... Erst mal. wenigstens.
Victoria: Wenn der erst mal erfährt wie es um das Hotel steht.
Sieglinde: Dazu der Sternenkrieg. Da wird ihm die Lust ganz vergehen.
Victoria geht zur Kaffeemaschine, die am Tresen steht.
Victoria: Ach, Sieglinde, ich werd mal einen Kaffee aufsetzen. Eigentlich
bräuchten wir dass dreifache an Personal. Früher hieß es immer:
Keine Leute - keine Leute. Dabei hatten wir früher das Dreifache.
Sieglinde: Im Moment haben wir auch keine Gäste, da gleicht sich das
wieder aus.
Victoria: Und morgen da wimmelt es hier wieder!
Sieglinde: Was?
Victoria: Na ja, dann sind ein paar Gäste im Haus...., also einige....,
Sieglinde: Wie?
Victoria: Naja, also die eine und die andere.
Sieglinde: Ich schmücke mal das Jahresendgewächs ab. Wir müssen ja
Silvester vorbereiten.
Victoria: Wie sagen wir es dem netten Herrn Baumann.
Sieglinde: Hoffentlich lässt er uns nicht im Stich.
Max kommt allein wieder.
Maxe: So, jetzt kriegt er einen schönen Platz mit Blick aufs
Osterzgebirge.
Sieglinde: Aber so ganz alleine, die ganze Zeit.
Maxe: Die Friedhöfe sind voll von Leuten die sich für wichtig hielten.
Das wollte Oberpichler nicht.
Victoria: Herr Baumann, so wie Sie die jungen Leute angeleitet haben,
also Sie machen sich richtig gut als Direktor!
Sieglinde: Oh, ja!
Maxe: Naja, Moment mal. Also nee ! Das geht nicht, ich muss nach
Hause. Ich habe doch Geburtstag übermorgen.
Sieglinde: Einen Tag vor Silvester, wie niedlich.
Victoria: Oje, na dann.... Aber was halten Sie denn davon, dass all Ihre
Gäste herkommen. Wir haben noch ein paar Doppelzimmer frei.
Sieglinde: Und ich backe eine Torte!
Maxe: Soviel Gäste, wie ich habe, Frollein, so kleine Torten können Sie
gar nicht backen.
Sieglinde: Es kommen wohl Kinder?
Maxe: Nee, ich habe gar keinen eingeladen.
Sieglinde: Oh.
Maxe: Weil die, die hätten kommen wollen, nicht mehr kommen können
und die die gekonnt hätten nicht mehr kommen wollen können.
Victoria: Ahja.
Maxe: Seit meine Hertha in die ewigen Jagdgründe eingegangen ist,
feiere ich nischt mehr. Ich kann ja nicht mal allein ne
Bockwurscht heiß machen.
Victoria: Na, dann erwartet Sie doch aber niemand zu Hause?!
Maxe: Stimmt!
Sieglinde: Dann können Sie auch hier bleiben! Es gibt eine schöne
kuschelige Direktionswohnung im 2. Stock.
Maxe: Naja, ich kuschle ja nicht ungern. Aber was erwartet mir denn
hier in meinen neuen Lebensabschnitt?
Victoria: Nuuun, ein bescheidenes Direktorengehalt, was mit dem Umsatz
wächst sogar.
Maxe: Frau Victoria, um das Gehalt geht’s mir nicht so primär. Ich bin ja
einer, der noch ne gute Rente kriegt. Was sind denn so meine
Aufgabenbereiche?
Sieglinde: Der Kampf um die vier Sterne.
Victoria: Sieglinde!
Maxe: Ich kenne nur den Kampf um die goldene Hausnummer!
Victoria: Herr Oberpichler hat für unser Hotel die 4-Sterne-Klassifizierung
beantragt und in einem Schreiben der DEHOGA wurde
angekündigt, dass der Prüfer innerhalb der nächsten 5 Wochen
inkognito erscheinen wird. Es könnte praktisch jeder Gast sein!
Maxe: Aber doch nicht zu Silvester....... oder an Silvester!
Victoria: Das ist aber nicht ausgeschlossen!
Maxe: Wo ist das Problem?
Sieglinde: Wir können die Kriterien nicht erfüllen. Es fehlt am Geld!
Victoria: Sieglinde!!!
Maxe: Wieso am Geld?
Victoria: Da haben Sie es, Sieglinde. Jetzt wird Herr Baumann gleich
abreisen!
Sieglinde weint.
Maxe: Nee, nee. Maxe ist ne Kämpfernatur!
Victoria: Herr Oberpichler hat sich von Anfang an übernommen. Er wollte
alles toll machen und brauchte ne Menge Schotter, wie er
immer sagte. Da hat er die Hälfte seines Geldes angelegt. Zuerst
kam einer mit nem geschlossenen Immobilienfond. Dem hat er
die Hälfte seines Geldes gegeben. Naja, da war das Geld schon
erst mal futsch. Dann hat er die andere Hälfte in Telecom-Aktien
angelegt.
Maxe: Hm. Da war die Hälfte och futsch.
Victoria: Unwiederbringlich
Sieglinde: Dann lag das Hotel über ein halbes Jahr still, weil ihm die
Telecom den Anschluss abgeklemmt hat.
Victoria: Er konnte ja die Rechnungen nicht bezahlen.
Sieglinde: Dabei wollte er nur sein Geld vermehren.
Victoria: Er hats ja vermährt. Hach, mir ist ganz schlecht. Ich muss mal
nen Kräuterlikör trinken.
Maxe: Mir ist auch ziemlich schlecht.
Victoria: Ich habe einen Stichpimpulibockforcelorum.
Sieglinde: Dann ist mir auch schlecht!
Maxe: Was denn, den guten alten Stichpimpuli gibt es noch?
Victoria: Das ist unser Hausschnaps.
Maxe: Ein Grund mehr hier Hoteldirektor zu werden. Vier Sterne klingt
ja auch nicht schlecht.
Sieglinde: Hach, darum kämpfen ja so viele Hotels.
Victoria: Wenn das klappen würde wären wir das erste Vier-Sterne-Hotel
der Region und das würde das Geschäft sehr beleben.
Sieglinde: Sehr beleben! Prost!
Victoria: Prost!
Maxe: Prost!
Victoria: Im Moment ist es nicht so belebt. Eine Reisegruppe aus
Ostfriesland kommt morgen, nur über Silvester und 2 private
Buchungen. 28 Betten.
Sieglinde: Wir haben aber 76.
Victoria: Aber selbst wenn die belegt wären hätten wir das Personal nicht.
Sieglinde: In vier Zimmern geht die Heizung nicht. In zwei Zimmern ist der
Abfluss verstopft. In drei Zimmern zieht es durchs Fenster.
Maxe: Moment, da ist mir ja schon wieder schlecht!
Victoria: Aber gern!
Maxe: Naja, so habe ich das jetzt nicht... Ist denn bekannt, dass noch
Betten frei sind?
Victoria: Das weiß jedes Tourismusbüro.
Sieglinde: Es ist eine Tragik.
Victoria: Hier gilts einiges zu verkraften. Auch für ne Kämpfernatur.
Maxe: Prost!
Victoria: Prost !
Sieglinde: Prost!
Maxe: Gibt es noch mehr?
Victoria: Aber gerne!
Maxe: Nee, Moment, ich meine jetzt noch mehr Zipperlein in dem Hotel.
Sieglinde: In 6 Zimmern knarren die Betten.
Victoria: Die Sauna schaltet erst bei 200° ab.
Sieglinde: Die Tiefkühltruhe aber schon bei 2°.
Victoria: Im oberen Hausflur ist das Licht defekt
Sieglinde: Bio, unser Wachhund, ist eigentlich zu alt und hat keine Zähne
mehr.
Victoria: Ein paar Rechnungen sind offen. Wir zahlen manchmal etwas
schlecht.
Maxe: Apropos schlecht.
Victoria: Aber gerne!
Maxe: Vielleicht sagt ihr mal das was funktioniert. Das geht
wahrscheinlich schneller.
Victoria: Wir sind ein freundliches Kollektiv!
Sieglinde: Und hochmotiviert. Prost.
Maxe: Prost. Das Zeug ist besser als Dreierleitropfen.
Telefon klingelt.
Victoria: Prost! Hotel Bergkristall. Victoria Wunschmeier, was kann ich für
Sie tun?
Was für ein Gerippe? Ach, Grippe?! Grippewelle? Nein! Aber ja,
Sie haben... Natürlich ist das schade. Ja, guten Rutsch dann
noch.
Die Reisegruppe aus Ostfriesland hat storniert, die haben nen
blöden Virus.
Sieglinde: Kann ich mir das Bettenmachen sparen.
Telefon klingelt. Maxe stöhnt.
Victoria: Oh es klingelt zwei mal heute, da muss sich einer verwählt
haben.
Hotel Bergkristall. Victoria Wunschmeier, was kann ich für Sie
tun?
Ah, ja. Moment bitte! Einer will ein Einzelzimmer! Kurzfristig, ab
morgen! Für 3 Nächte.
Maxe: Bei unsere Probleme. Sagen Sie, wir sind ausgebucht.
Victoria: Hören Sie bitte, wir sind ....
Aber was wenn das der Prüfer ist?
Maxe: Ah, Mist! Wenn man das wüsste.... Dann sagste eben ja und wir
müssen... ach, ick weiß nicht!
Victoria: Also ja! Aha, ein Einzelzimmer. Mit Frühstück? Aha, kein
Frühstück! Ach so? Nur Eier, drei rohe Eier im Glas, ja.
Maxe: Mein Gott, was hat der denn vor?
Victoria: Wie ist Ihr Name? Was, wie Meiner?! Nur wunschlos! Ach,
hahaha, Sie Keksscherz, äh, Scherzkeks wollte ich sagen. Also
nur Meyer!
Maxe: Fragen Sie ihn doch mal vorsichtig von hinten durch die Blume,
ob er uns prüfen will. Aber unauffällig.
Victoria: Herr Meyer, wollen Sie uns denn prüfen?
Er lacht und sagt: Ja , auf Herz und Nieren!
Sieglinde: Das isser! Das isser!
Maxe: Na, du grüne Neune, sei bloß freundlich zu ihm.
Victoria: Wann wollen Sie denn anreisen? Morgen früh schon? Im
Laufe des... ja...ja...ja... Vormittag.
Maxe: Das ist ein dünnes Brett auf dem wir da stehen.
Victoria: Natürlich, unserer Zimmer haben alle einen guten Blick....
aus dem Fenster, ja. Ich werde sehen zu versuchen, was ich
machen möchte. Auf Wiederhöhn!
Der klang wirklich komisch. Hick.
Sieglinde: Das war der Prüfer, das war der Prüfer!
Maxe: Was will er denn nun prüfen?
Sieglinde: Ob wir es wert sind 4-Sterne-Hotel zu werden. Das Hotel
muss nn gebracht werden und wir haben nicht mal einen
Handwerker im Haus.
Maxe: Ich kann gut mit Handwerkszeug umgehen. Ich war
eine Zangengeburt.
Victoria: Wir müssen einen Kontrollgang machen...
Maxe: Und einen Plan! Das haben wir doch mal gelernt!
Victoria: Und dann einen Gegenplan. Haben wir auch mal gelernt.
Sieglinde: Wunderbar, Herr Max! Sie sind unsere Rettung. Im Keller
liegt noch ne Multimax.
Alle drei gehen über die Treppe ab.
Draußen bellt der Hund.
Auftritt durch die Hallentür: Olga mit großen Koffern und Paula Federau,
winterlich aber aufreizend angezogen.
Olga: Das ist es Paula! Ein fragiles Kleinod. Abgelegen, idyllisch und ruhig.
Paula: Abartig, kyrillisch, betulich!
Olga: Hier werd ich auftanken!
Paula: Hier werd ich abstinken.
Olga: Ich liebe Weihnachtsferien! Carpe chronos.
Paula: Ein Nonnendasein!
Olga: Diese herrliche Ruhe!
Paula: Friedhofsruhe, Tante Olga.
Auftritt Paul und Moritz.
Paul: So, der Tote ist verbuddelt. Oh!
Olga: Welcher Tote, junger Mann?
Paul: Der äh..äh...
Wir haben hier so ein Spiel, Hotelspiel, da muss man Dinge
verstecken und finden und ich hab hier die, das, den…
Moritz: Vase!
Paul: Ja, also ich verbuddele diese Vase und sage: Hey, da ist der
Geist der Weihnacht drin! Dann muss man das finden und dann
hat man gewonnen.
Paula: Das ist ja das flippigste Spiel, was ich je gehört habe. Da kriegt
man rote Backen nur vom Zuhören.
Olga: Paula, bitte einen anderen Jargon, ja! Sie machen wirklich sehr
komische Spiele hier. Im Reisebüro hieß es extra, keine
Animateure und keine komischen Spiele – sondern absolute
Ruhe und dann das. Und ich brauche jetzt aber meine Ruhe.
Paul: Das ist ja auch kein Spiel für die Gäste, das spielt nur die
Belegschaft.
Moritz: So eine Art Mitarbeitermotivation, verstehen Sie?
Olga: Das versteht nicht mal Einstein!
Paula: Wir würden gern einchecken.
Paul: Ja, ganz kleinen Moment bitte.
Olga: Oder ich überlege mir das noch, nach diesem Vorfall.
Paul geht ab in die Personalräume, haut aber vorher noch auf die
Rezeptionsglocke.
Victoria, off: Jahaaa!
Olga: Oh, nö!
Paula: Na, das kann doch lustig werden Tante Olga, kein Schwanz an
der Rezeption aber die Mitarbeiter spielen verbuddeln und das
mitten im Winter!
Olga: Es war das einzige Hotel mit vakanten Plätzen zum
Jahrswechsel.
Paula: Hauptsache ich muss nicht mit meiner Mutter ins neue Jahr
feiern.
Olga: Ich übernehme ja gern Verantwortung für dich, obwohl ich die
Kontroverse mit deiner Mutter...
Paula: Du musst keine Verantwortung für mich übernehmen. Ich bin 20
und geschlechtsreif.
Da hinein kommt Victoria, schon etwas handwerklich bekleidet.
Victoria: Einen schönen guten Tag, herzlich Willkommen im Hotel
Bergkristall im schönen Erzgebirge.
Olga: Ach, Sie spielen wohl nicht mit?
Victoria: Ich bin die Empfangsdame.
Olga: Wenn Sie ne Dame sind, ist der Hund da draußen, der Tiger von
Eschnapur. Wir hatten reserviert. Ein Zimmer auf Paula Federau
und ein Zimmer auf Olga Knopf.
Victoria: Ja natürlich, kleinen Moment. Hier Zimmer 23 für Frl. Federau
und Zimmer 25 für Frau Knopf, in der zweiten Etage.
Frühstück immer von 06.00 bis 11.00 Uhr hier unten im
Hotelrestaurant, Mittagstisch ab 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr, Kaffee
trinken von 15.00 bis 17.00 Uhr und das Abendessen, ebenfalls
im Hotelrestaurant von 18.00 bis 22.00 Uhr. Danach hat unsere
Hotelbar für Sie geöffnet und hält kleine Snacks und leckere
Drinks für Sie bereit.
Olga: Da brauchen wir eigentlich gar kein Zimmer, da können wir ja
den ganzen Tag hier unten bleiben und essen.
Paula: Gibt’s hier auch was wo man nicht fett wird.
Victoria: Ja natürlich! Ein Schwimmbad befindet sich im Untergeschoss,
da finden Sie auch die Sauna und das Fitnessstudio.
Paula: Geil, da geh ich jetzt hin.
Olga: Wir gehen erst mal Koffer auspacken, junge Frau.
Victoria: Sie können auch Winterspaziergänge machen!
Paula: Bin ich ein Elch?
Victoria: Wenn Sie noch fragen haben unsere Rezeption ist rund um die
Uhr besetzt.
Olga: Na, das haben wir gemerkt!
Victoria: Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.
Sie gehen die Treppe hoch. In dem Moment kommt Paul wieder runter.
---------------
Meyer tritt auf. Victoria zieht sofort die Gardine zu..
Dr. Meyer: Ich frühstücke lieber hier, In Gesellschaft. Grüß Gott. Da drin ist
ja noch kein Mensch.
Paula: Wir sind gleich wieder da!
Paul und Paula ab.
Victoria: Tja, dann nehmen Sie Platz! Herr Prüfer, äh... Herr Prüfessor
möchten Sie auch hier frühstücken?
Maxe: Äh?
Olga: Ich gehe mal an die Arbeit, könnte ja sein, dass jemand seine
Wülste geknetet haben will, in so früher Stunde.
Dr. Meyer: Ja, gern.
Olga: Dann bereite ich mal die Folterbank vor.
Olga geht in den Keller.
Dr. Meyer: Die hat Humor.
Victoria: Ich bringe Ihnen jetzt einfach das Frühstück hierher, Herr
Professor Schimmelgrün. Sieglinde kommen Sie!
Beide ab.
Maxe: Schimmel? Wieso Schimmel?
Dr. Meyer: Professor? Setzen Sich nieder. Sans schon länger hier?
Maxe: Ja, ja. Ich bin hier Dauergast manchmal.
Dr. Meyer: Freundliche Leute hier.
Maxe: Ohja. Deswegen komme ich ja auch immer wieder gerne in
dieses Ferienheim.... in dieses renommierte Hotel Ferienkristall
Bergheim.
Dr. Meyer: Wo kommen Sie denn her?
Maxe: Aus Talheim.
Dr. Meyer: Der 30-jährige Krieg ist ja hier spurlos vorübergegangen. Der 40-
jährige Sozialismus auch.
Maxe: Also, so ganz haben Sie da nicht direkt recht.. Ja, es ist ein
historisch wertvolles Gebäude. Steht unter Denkmalschutz.
Dr. Meyer: Aja? Machen Sie sowas beruflich?
Maxe: Ich bin.... Ologe.
Dr. Meyer: Verzeihung, ich hab nicht verstanden.
Victoria: So, das Frühstück, Herr Professor? Guten Appetit!
Kommt denn die werte Tochter auch zum Speisen?
Dr. Meyer: Ach, Sie sind mit Ihrer Tochter hier?
Maxe: Meine...??
Victoria: Sie schläft ja meist ein bisschen länger...
Victoria winkt mit dem Kopf, das er mal mitkommen soll.
Maxe: Kleinen Moment Herr Meyer, bin gleich wieder da.
Paula von der Treppe. Völlig anderes Outfit, eher Künstlerin mit Allüren.
Doch frech wie immer. Eine Gitarre in der Hand.
Paula: Guten Morgen, Herr Meyer!
Dr. Meyer: Sie wissen wer ich bin?
Paula: Sie waren der Clou gestern. Der Mann aus dem Eis!
Dr. Meyer: Das erste Mal in Sachsen und gleich kaltgestellt.
Paula: Hören Sie auf.
Dr. Meyer: Sind Sie die Tochter?
Paula: Wie?
Dr. Meyer: Von ihrem Vater.
Paula: Ja, selbstverständlich.
Dr. Meyer: Vom Professor?
Paula: Das stimmt, ich bin die Tochter von Professor Dr. ....äh Finger.
Dr. Meyer: Ich dachte der Professor heißt Schimmelgrün!
Paula: Ja, ja Finger-Schimmelgrün.
Dr. Meyer: Ach, Finger–Schimmelgrün?
Paula: Ja! Herr Meyer, verzeihen Sie, ich muss zur Probe für das
Kulturprogramm heute Abend.
Dr. Meyer: Ein Kulturprogramm am Silvesterabend?
Paula: Was denken Sie denn? Dieses Hotel hat höchstes Niveau.
Dr. Meyer: Sagen Sie, wenn das so ist...ich habe früher mal... also ich war
da im...
Dr. Meyer geht zu Paula und flüstert ihr etwas ins Ohr.
Paula: Aber, klar gerne. Kommen Sie in ca. einer Stunde in den
Probenraum.
Dr. Meyer: Ach, Fräulein, was ist Ihr Vater für ein Professor? Ich habe
vorhin nur Ologe verstanden.
Paula: Ologe? Er ist Gynäkologe.
Paula ab. Maxe kommt wieder. Dr. Meyer fröhlich.
Paula: Hallo Papa! Ich gehe üben.
Maxe: Hallo Paula!?
Dr. Meyer: Lieber Professor Finger-Schimmelgrün. Ich finde Ihren Beruf ja
bemerkenswert. Ein Traumberuf für viele.
Maxe: Naja, wenn man es täglich macht, dann ist das relativ.
Dr. Meyer: Es verlangt viel Fingerspitzengefühl, auch psychologisch.
Maxe: Das kann man wohl sagen, wenn man so besondere Objekte
ausfindig gemacht hat. Manche sind ja sehr alt und verstaubt. Da
muss man sehr vorsichtig vorgehen.
Dr. Meyer: Also wissen Sie!
Maxe: Ich sehe manchmal tagelang kein Tageslicht. Nur die Stirnlampe.
Da ist man froh wenn man irgendwann wieder in Gesichter
schaut.
Dr. Meyer: Ihre Ausdrucksweise, Herr Professor!
Olga kommt aus dem Saunabereich.
Olga: Ich bin aufs Zimmer bestellt zur Nackenmassage für die beiden
Japaner.
Dr. Meyer: Japaner?
Maxe: Die sind ja überall.
Olga: Ist ja ein internationales Haus hier.
Olga geht ab nach oben.
Dr. Meyer: Massage auf dem Zimmer?
Maxe: Großartiger Service. Hatte ich auch schon!
Sieglinde als Bestsellerautorin mit Papiere unter dem Arm..
Sieglinde: Ach, ich störe wohl?
Maxe: Im Gegenteil. Darf ich vorstellen: Unsere Bestsellerautorin Frau
Hera, Hera... Sarotti.
Dr. Meyer: Meine Verehrung!
Sieglinde: Ah, Herr Professor. Sie halten auch Einzug in meinen neuen
Roman.
Dr. Meyer: Ich habe schon mal was von Ihnen gelesen!
Sieglinde: Ich nehme an ein Buch.
Dr. Meyer: Richtig! Ein dickes Buch.
Das Telefon klingelt. Victoria kommt angerannt.             
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